Obwohl die Bundesregierung und der Bundesrat bei der Ausgestaltung des Sanierungs- und Insolvenzrechts Anfang Dezember noch unterschiedliche Positionen vertraten, haben der Bundestag am 17.12.2020 und der Bundesrat am 18.12.2020 der beabsichtigten Modernisierung und effektiveren Gestaltung des Sanierungs- und Insolvenzrechts in Form des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) zugestimmt.
Wichtiger Teil des Gesetzespakets ist das „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen“ (StaRUG), das angeschlagenen Unternehmen eine Restrukturierung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens ermöglicht. Einen Insolvenzantrag müssen Unternehmen damit erst einmal nicht stellen.
Die Sanierungsberaterin Dr. Alexandra Schluck-Amend von der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland begrüßte, dass der Gesetzgeber an seinem ambitionierten Zeitplan festgehalten hat und das StaRUG zum 1.1.2021 in Kraft getreten ist. Gerade in Zeiten der Corona-Krise werde die Möglichkeit der präventiven Restrukturierung dringend gebraucht. „Die im Regierungsentwurf vorgesehenen verschärften Pflichten und damit verbundene erweiterte Haftung der Geschäftsleiter wäre für diese eine große Bürde gewesen. Diese hat der Gesetzgeber entschärft. Geschäftsleiter müssen nun ab Anzeige der Restrukturierungssache dafür Sorge tragen, dass die Interessen der Gläubigergesamtheit gewahrt werden. Schadenersatzansprüche stehen nur dem Unternehmen, nicht aber Gläubigern zu. Der Gesetzgeber bleibt damit den bisher geltenden Grundsätzen wieder treu.“
Der Insolvenzrechtsexperte Prof. Dr. Heinz Vallender weist zwar aufgrund des Zeitdrucks einige kleinere Unzulänglichkeiten auf. Das StaRUG könne aber insgesamt als gelungen bezeichnet werden. Allerdings warnt er auch (ZInsO 2020 S. 2688) vor Missbräuchen in den neuen Restrukturierungsverfahren und lässt insoweit keinen Zweifel aufkommen: „Solche Versuche wird es geben.“
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) begrüßt grundsätzlich die Inkraftsetzung des neuen SanInsoFOG, übt aber auch Kritik. So bedauert das IDW, dass das neue Instrument erst spät im Sanierungsprozess eingesetzt werden kann. Zudem hätten die Anforderungen an ein funktionsfähiges Risikofrüherkennungssystem mutiger umgesetzt werden können. Das IDW habe im Vorfeld angeregt, dass Unternehmen das neue Sanierungsinstrument möglichst frühzeitig nutzen können, weil dann die Sanierungschancen des Unternehmens deutlich höher seien. Zudem sei das neue Instrument auch sehr komplex und für kleinere Unternehmen kaum anwendbar.
Das IDW begrüßt indes die Neujustierung der Insolvenzantragsgründe. Bisher gab es für die drohende Zahlungsunfähigkeit faktisch kaum einen Anwendungsbereich, weil regelmäßig bereits Überschuldung vorlag. Der Planungshorizont umfasste bisher sowohl bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit als auch bei der Überschuldung das laufende und das folgende Geschäftsjahr. Künftig sollen die Planungszeiträume differenziert werden: 12 Monate für die Überschuldung und 24 Monate für die drohende Zahlungsunfähigkeit.
Der kürzere Prognosehorizont bei der Überschuldung schränkt aus IDW-Sicht jedoch den Gläubigerschutz ein. Bisher musste ein Insolvenzantrag gestellt werden, wenn innerhalb des laufenden oder folgenden Geschäftsjahres eine Liquiditätslücke zu erwarten war und das Reinvermögen negativ ist. Künftig ist ein Antrag nur dann erforderlich, wenn die Liquiditätslücke innerhalb der nächsten zwölf Monate auftritt. Insolvenzanträge werden also tendenziell später gestellt. Als Korrelat zu dem eingeschränkten Gläubigerschutz hat das IDW eine explizite und sanktionsbewährte Planungspflicht vorgeschlagen. Damit wäre gleichzeitig die Voraussetzung für eine Krisenfrüherkennung geschaffen worden.
(ESV/fab)
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