Dadurch kann das vom Bundestag beschlossene Gesetz nicht in Kraft treten, teilt der Bundesrat mit. Bundesregierung und Bundestag können nun den Vermittlungsausschuss anzurufen, um mit den Ländern über einen Kompromiss zu beraten.
Ein effektiver Hinweisgeberschutz sei notwendig und überfällig, sagte der bayerische Staatsminister Georg Eisenreich (CSU) in der Sitzung des Bundesrats am 10.2.2023. Das Gesetz gehe in seiner jetzigen Fassung jedoch „weit über das hinaus, was europarechtlich verlangt und sinnvoll“ sei. Als Argument nannte er hohe Kosten und Bürokratie. Skeptisch äußerte sich auch Prof. Dr. Roman Poseck (CDU). Der hessische Staatsminister stellte dabei vier Punkte heraus:
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium und Rechtsanwalt Benjamin Strasser (FDP) betonte im Plenum unmittelbar vor der Abstimmung das Anliegen, mit dem Gesetz „nicht bloß bruchstückhaft einige Fallkonstruktionen zu erfassen und andere nicht“. Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten bekämen eine Übergangsfrist bis Dezember 2023 und könnten mit anderen Unternehmen eine gemeinsame Meldestelle betreiben. Außerdem ließen sich Dritte als Meldestelle beauftragen, zum Beispiel eine Anwaltskanzlei.
Der Anwendungsbereich gehe aus guten Gründen über die zugrundeliegende EU-Richtlinie hinaus. So sollen alle Verstöße, die strafbewährt sind, und bestimmte bußgeldbewährte Verstöße einbezogen werden. „Würden wir das nicht tun, wären diejenigen geschützt, die einen geringfügigen Verstoß etwa gegen die Datenschutzgrundverordnung melden, nicht aber jemand, der die Misshandlung von Pflegebedürftigen meldet“, sagte Benjamin Strasser.
Zum Stichwort „anonyme Hinweise“ führte der Parlamentarische Staatssekretär aus, bei gravierenden Problemen oder einer besonderen Gefahr könne die Hemmschwelle zur Abgabe eines Hinweises über einen anonymen Meldekanal deutlich verringert werden. Das habe sich in der Praxis bereits bewährt. Für die Einrichtung anonymer Meldekanäle sehe das Gesetz eine Übergangsfrist bis zum 1.1.2025 vor.
Dokumente im Zusammenhang mit dem Hinweisgeberschutzgesetzt hat der Bundesrat hier veröffentlicht. (Update vom 15.2.2023: Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland und sieben weitere EU-Staaten zu verklage, weil sie die EU-Whistleblower-Richtlinie noch nicht in nationales Recht umgesetzt haben.)
Die Anwaltskanzlei CMS Hasche Sigle hatte im Vorfeld der Abstimmung im Bundesrat mitgeteilt, dass es im Fall einer Blockade voraussichtlich abermals zu einer deutlichen Verzögerung komme werde. Wahrscheinlich wäre dann, dass die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anruft, wo über das Gesetz verhandelt werden würde. Die Zeit bis zu einer erneuten Abstimmung im Bundesrat könne sich noch über Monate ziehen, wobei die Umsetzung der EU-Richtlinie bereits Ende 2021 fällig geworden war. Eine weitere Verzögerung würde Unternehmen wegen der damit verbundenen Unsicherheiten weiter belasten.
Die EQS Group als Anbieter digitaler Hinweisgebersysteme appellierte an die Verantwortlichen im Gesetzgebungsverfahren, Inhalte des Gesetzentwurfs im Vermittlungsausschuss nicht zu verwässern. Personen, die Missstände in Unternehmen oder anderen Organisationen melden, können sich bereits heute auf den Schutz der EU-Richtlinie berufen und an externe Meldestellen wenden, wenn keine internen Meldekanäle vorhanden sind. Damit würden die Unternehmen jedoch das Heft des Handelns aus der Hand geben. „Wenn die Untersuchungen der Aufsichtsbehörden erst einmal laufen, können sie nur noch reagieren“, so EQS in einer Mitteilung. Vertrauliche und sichere Meldekanäle würden auch einen wesentlichen Beitrag leisten, um Risiken innerhalb der Organisation frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren.
In der ZCG-Ausgabe 6/22 hatte Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Fissenewert die Anwendung des Gesetzes für besseren Schutz von Hinweisgebenden – auf Basis des Entwurfs der Bundesregierung – aus Governance-Sicht erörtert. Whistleblowing sei ein wesentliches Element für die Etablierung einer Compliance-Kultur im Unternehmen. Schon bei der Implementierung entsprechender Systeme sollten die Mitarbeitenden darauf hingewiesen werden, dass Compliance alle angeht. Der Autor stellt unter anderem eine Implementierung eines Hinweisgebersystems nach dem PDCA-Modell (Plan-Do-Check-Act) vor.
(fab)
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