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Unternehmensstrafrecht  
02.07.2021

Verbandssanktionengesetz in dieser Legislatur gescheitert – Notwendigkeit einer Regulierung bleibt

ESV-Redaktion Management und Wirtschaft
Unter der nächsten Bundesregierung wird voraussichtlich ein vergleichbares Gesetzesvorhaben angestoßen. (Foto: wsf-f/stock.adobe.com
Das geplante Sanktionsrechts gegen Unternehmen wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt. Der CDU-Politiker Jan-Marco Luczak teilte auf dem Deutschen Anwaltstag am 7.6.2021 mit, die Union werde das Vorhaben zur Einführung des Verbandssanktionengesetzes nicht mehr unterstützen.

Dabei hatte die unionsmitbestimmte Bundesregierung vor einem Jahr den Entwurf des „Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ beschlossen, in dem das Unternehmensstrafrecht enthalten ist. Inmitten des Bundestagswahlkampfs heißt es nun: Zu groß seien die Differenzen zu einzelnen Regelungen insbesondere zum Umgang mit Berichten aufgrund interner Untersuchungen gewesen.

Erfolgversprechende und compliancefördernde Ansätze

Trotz dieses Rückschlags sollten Unternehmen das Thema Compliance nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern die gewonnene Zeit für Aufbau und Weiterentwicklung eines beständigen Compliance-Management-Systems nutzen, rät die Kanzlei CMS. Der Entwurf des Verbandssanktionengesetzes enthalte „durchaus erfolgversprechende und compliancefördernde Ansätze, die ein eindeutiges Signal an die Unternehmen für Investitionen in Integrität und werteorientiertes Handeln sendeten“. So soll gesetzlich verankert werden, Compliance-Maßnahmen zu stärken und Anreize für die Aufklärung von Straftaten durch interne Untersuchungen zu schaffen, indem sowohl vor- als auch nachgeschaltete Compliance-Bemühungen etwa bei der Bußgeldbemessung Beachtung finden sollen.

Streitpunkt: Trennung von Unternehmensverteidigung und internen Untersuchungen

Kontrovers diskutiert wurde die im Gesetzentwurf ebenfalls vorgesehene Trennung von Unternehmensverteidigung und internen Untersuchungen. Diese Trennung sei systemfremd und diene der Aushöhlung des Beschlagnahmeschutzes, lautete die Kritik. Ergebnisse aus internen Untersuchungen hätte die Staatsanwaltschaft beschlagnahmen können, weil sich das Unternehmen nicht auf das Verteidigerprivileg hätte berufen können. Vor diesem Hintergrund wurde befürchtet, dass das Verbandssanktionengesetz nicht den gewünschten Anreiz geschaffen hätte, Fehlverhalten aufzuklären, sondern Unternehmen künftig eher von Untersuchungen abgesehen hätten.

Eindämmung von Wirtschaftskriminalität notwendig

Ein Gesetz mit dem Schwerpunkt einer verstärkten Unternehmenssanktionierung sei „in Zeiten von Corona mit seinen einhergehenden Belastungen für die Wirtschaft nur noch schwer vermittelbar“ gewesen“, resümiert CMS. Unter der nächsten Bundesregierung werde voraussichtlich ein vergleichbares Gesetzesvorhaben angestoßen. Die Notwendigkeit und das Bedürfnis der Eindämmung von Wirtschaftskriminalität sei nicht vom Tisch – nicht zuletzt mit Blick auf die Erfüllung internationaler Standards und die Schaffung von Strafverfolgungsgleichheit.

Wie geht es jetzt weiter?

Nach Einschätzung von Rödl & Partner ist davon auszugehen, dass sich Unternehmen künftig sehr wohl strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt sehen werden, die noch weitreichendere Folgen vorsehen, als es bislang der Fall ist. Nach der Bundestagswahl im September 2021 werde sich zeigen, ob der neue Koalitionsvertrag einen ähnlichen Passus enthalten wird, wie der noch geltende. Im März 2018 hatte die amtierende Bundesregierung sich als Ziel gesetzt, den Kampf gegen Wirtschaftskriminalität mit einem neuen Sanktionsrecht gegen Unternehmen stärker als bislang aufzunehmen. „Vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich neu aufgedeckten Skandale zum Thema Wirtschaftskriminalität darf damit gerechnet werden, dass man dieses Ziel nicht als erreicht ansehen wird“, stellt Rödl fest. Vielmehr sei mit weiteren Anstrengungen seitens des Gesetzgebers zu rechnen.

Mit den Hintergründen zum vorerst gescheiterten Verbandssanktionengesetz befasst sich auch Dr. Christian Rosinus in der aktuellen Folge des Criminal Compliance Podcasts.

(ESV/fab)

Handbuch Compliance-Management

Herausgegeben von Prof. Dr. habil. Josef Wieland, Prof. Dr. Roland Steinmeyer, Prof. Dr. Stephan Grüninger

Compliance ist als Integritätsmanagement heute ein wesentlicher Aspekt erfolgreichen unternehmerischen Handelns. Unter den Bedingungen der digitalen Transformation, die neue Geschäftsmodelle ermöglicht, die Welt verbindet und vielseitige ungekannte Risiken birgt, ist ein robustes Compliance-Management gefragt, das sich nicht nur mit klassischer Korruptionsbekämpfung auseinandersetzt – auch Themen der Cyber- und Privacy-, Produkt- und Technik-Compliance, Geldwäsche und die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten in internationalen Wertschöpfungsketten stehen immer mehr im Fokus. Die Neubearbeitung dieses Handbuchs spiegelt diese beispiellose Dynamik der letzten Jahren praxisgerecht wider: Mit internationalem Blick (Sie finden Länderstudien u.a. zu China, Lateinamerika, Russland, Afrika) und über 40 neuen Beiträgen zu den aktuell wichtigsten Compliance-Topics.

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