Im Lexikon der Globalisierung heißt es etwa: Nachhaltigkeit ist „die Einstellung und Praxis einer gegenwärtigen Gesellschaft, ihre Bedürfnisse so zu befriedigen, dass zukünftigen Generationen entsprechende Möglichkeiten erhalten bleiben“.
Inwiefern Unternehmen die Zukunftsfähigkeit kommender Generationen berücksichtigen, wird in der öffentlichen Diskussion immer stärker hinterfragt. Wird tatsächlich das umgesetzt, was Geschäfts-, Risiko- und Nachhaltigkeitsberichte vorgeben? „Wenn Unternehmen mögliche Nachhaltigkeitsrisiken nicht umfassend analysieren und in ihrer Gesamtbetrachtung zum Risikomanagement aufnehmen, laufen sie Gefahr enormer Strafzahlungen und einem massiven Imageverlust“, sagt Jan Offerhaus, Vorstandsmitglied der Risk Management & Rating Association (RMA).
Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hatte zuletzt ein Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken veröffentlicht. „Reputationsrisiken sind ein wesentlicher Aspekt von Nachhaltigkeitsrisiken“, heißt es darin. Die Geschäftsleitung solle „mit gutem Beispiel vorangehen und so möglichen Reputationsrisiken frühzeitig vorbeugen“.
Aus Sicht der Bafin sind alle ESG-Risiken (Environmental, Social and Governance – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) zu berücksichtigen, die sich aus den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen ableiten lassen. Worin die wesentlichen Herausforderungen im Umgang mit diesen Risiken bestehen, beleuchtet Prof. Dr. Hans-Jürgen Wieben, Abteilungsleiter für Betriebswirtschaftslehre an der FHDW Hannover, im Interview mit der RMA.
Wo liegen die größten Risiken für Unternehmen, die sich ESG-Risiken verschließen?
Hans-Jürgen Wieben: Die Nicht-Betrachtung von ESG-Risiken scheint mir schlicht keine Option mehr zu sein. Gesellschaftlich wie politisch wird in diesen Themenfeldern mittlerweile ein solcher Druck aufgebaut, dass Unternehmen sich damit auseinandersetzen müssen. Gerade wenn es um langfristige Investitionen geht, werden ESG-Risiken eine immer größere Rolle spielen müssen.Wie können Unternehmen ESG-Risiken im Risikomanagement begegnen?
Hans-Jürgen Wieben: Unternehmen müssen ESG-Risiken sowohl aus einer strategischen als auch einer ganzheitlichen Perspektive angehen. Strategisch deshalb, weil die Auswirkungen vor allem bei Klimarisiken eher mittel- bis langfristiger Natur sind. Ganzheitlich, weil die Erwartungshaltung der Stakeholder in einer globalisierten und digitalen Welt nicht vor Landes- und Unternehmensgrenzen haltmacht. Auch Aktivitäten eines Zulieferers am anderen Ende der Welt können in den Fokus der Öffentlichkeit rücken.
Welche Rolle kommt bei der Einführung geeigneter Werkzeuge und Prozesse dem Topmanagement zu?
Hans-Jürgen Wieben: Eine ganz entscheidende. Ohne die Unterstützung des Topmanagements und dessen Initiativen für Nachhaltigkeitsaspekte wird die Überarbeitung des Risikomanagements nicht nachhaltig sein können. Dazu bedarf es selbstverständlich auch einer wirksamen Überwachung identifizierter ESG-Risiken durch das Topmanagement, in das ich explizit den Aufsichtsrat einbeziehe.
Mit welchen Maßnahmen lassen sich die Mitarbeiter besser in den Gesamtprozess von ESG-Risiken integrieren?
Hans-Jürgen Wieben: Ein ESG-Risiko muss nicht immer nur wirtschaftlichen Schaden bedeuten, sondern kann auch zu Chancen für das Unternehmen führen. Mitarbeiter sollten in dieser ganzheitlichen Denke mitgenommen werden, um Chancen für das Unternehmen erkennen und nutzen zu können und mit möglichen ESG-Risiken verantwortungsbewusst umzugehen. Wichtig scheint mir aktuell, in den Unternehmen an der Schnittstelle zwischen Risikomanagement und Nachhaltigkeitsbereichen weiteres Fachwissen aufzubauen.
Zur Person |
Prof. Dr. Hans-Jürgen Wieben war nach seiner Promotion über Risikomanagement und Credit Rating zunächst in der Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung für PwC tätig. Seit 2013 wirkt er an der FHDW Hannover, seit 2019 als Abteilungsleiter für Betriebswirtschaftslehre. |
Unternehmen sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, auch Risiken für andere Stakeholder berücksichtigen zu müssen. Ein Beispiel: Der Zulieferer eines Lieferanten in Asien lässt Beschäftigte unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten. Den Betroffenen drohen erhebliche Gesundheitsschädigungen. Das hiesige Unternehmen muss solche Risiken für alle Stakeholder anhand eindeutig festgelegter Kriterien erkennen und präventiv steuern.
Weitere Informationen der RMA zum Thema Nachhaltigkeit finden Sie hier.
Managemententscheidungen unter RisikoHerausgeber: Risk Management Association (RMA)Beiträge von: Prof. Dr. Werner Gleißner, Ralf Kimpel, Matthias Kühne Welche Wege zur Entscheidungsfindung unter Unsicherheit überzeugen, beleuchten die RMA-Experten:
Ein Leitfaden für Entscheidungsträger aller Führungsebenen, die im Einklang mit betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und rechtlichen Rahmenbedingungen verantwortlich entscheiden. |
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