Die Diskussion um die Frauenquote hat wieder an Fahrt gewonnen. Kräftigen Rückenwind für eine gesetzliche Festlegung gibt es auf EU-Ebene. So soll es nach nun präzisierten Plänen der EU-Kommissarin Viviane Reding ab 2020 vorgeschrieben werden, dass 40 Prozent der Aufsichtsratspositionen weiblich besetzt sein müssen. Für öffentliche Unternehmen tickt die Uhr schneller, denn sie sollen diese Quote bereits ab 2018 erreichen. Auch wenn wie geplant für KMU Befreiungen vorgesehen werden, dürfte eine solche Fixierung zwar nicht allen Wirtschaftsverbänden gefallen, aber Zustimmung in der breiten Öffentlichkeit finden. Denn in einer in 2011 im Auftrag des Familienministeriums (BMFSJF) erstellten Umfrage hatten sich 70 Prozent der Befragten für eine gesetzliche Frauenquote in Unternehmen ausgesprochen (zur Vorberichterstattung s. z.B. die Nachricht auf COMPLIANCEdigital vom 02. August 2011, dort mit Verweis auf die Broschüre „4. Bilanz Chancengleichheit. Erfolgreiche Initiativen unterstützen – Potenziale aufzeigen“ (Abruf der Broschüre unter: BMFSJF).
Die Diskussion um die Frauenquote ist zudem in letzter Zeit um vielfältige, teilweise erstaunlich anmutende Facetten erweitert worden. So hatte sich im März 2012 sogar das Auswärtige Amt mit alarmierenden Äußerungen zu Wort gemeldet: Deutschland drohen demnach vergaberechtliche Wettbewerbsnachteile in anderen europäischen Mitgliedstaaten, wenn diese eine Frauenquote vorsähen, die von deutschen Unternehmen in Ermangelung einer solchen Quote nicht eingehalten werden könnte. Dies veranlasste jüngst den Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Jens Koch zu einer vergaberechtlichen Analyse in ZIP 2012 S. 1695 ff.: Der Beitrag geht der Frage nach, welche Zwänge sich aus dem ausländischen Recht für die deutsche Gremienbesetzung ergeben, warnt im Ergebnis aber von fehlgeleiteten Argumentationen. Demnach sind im Ausland offenbar nicht unübliche Praktiken, die Frauenquote als vergaberechtliches Kriterium anzuwenden, als europarechtlich unzulässig anzusehen.
Keine Unterstützung für die Einführung einer aktienrechtlichen Frauenquote liefern Studienergebnisse aus Norwegen: So titelt die FAZ in einem entsprechenden Bericht vom 10. September 2012 (S. 12): „Schnelle Frauenquote mindert Firmenwert“; im Ergebnis habe der politisch erzwungene Austausch des Topmanagements den Unternehmen erheblich geschadet.
Eher missverständlich dürfte eine andere Schlagzeile dieser FAZ-Ausgabe vom 10. September 2012 sein. Da heißt es auf S. 16: „Aufsichtsräte mehr an Geld als an Frauen interessiert“. Das ist jedoch keine Lehre aus aktuellen Berichten über Bordellbesuche als Bestandteil von Geschäftsanbahnungen, sondern ein Stimmungsbild vom Aufsichtsratstag in Frankfurt/M., bei dem es mehr um Vergütungsfragen als um Frauenanteile ging (s.u. www.deutscher-aufsichtsratstag.de).
Hinweis: Wer weniger an Zukunftserwartungen interessiert ist und mehr die aktuelle Praxis im Blick hat, findet entsprechende Informationen z.B. anlässlich der Vorstellung der DSW-Aufsichtsratsstudie 2012, mehr dazu unter www.dsw-info.de).
Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern
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