Diese Frage hat der BGH jetzt in einer richtungsweisenden Entscheidung beantwortet, resümiert Rechtsanwalt Dr. Christian Rosinus in der aktuellen Folge seines Criminal Compliance Podcasts.
Mit Beschlüssen vom 27.1.2021 (Az: StB 43, 44 und 48/20) hatte der BGH entschieden: Ist über das Vermögen einer juristischen Person das Insolvenzverfahren eröffnet worden, ist der bestellte Insolvenzverwalter berechtigt, die von der Schuldnerin beauftragten Wirtschaftsprüfer von ihrer Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, soweit das Vertrauensverhältnis Angelegenheiten der Insolvenzmasse betrifft.
Der Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte gegen drei Zeugen aus den Reihen des Wirtschaftsprüfers Ernst & Young Ordnungsgelder verhängt, weil sie Aussagen mit der Begründung verweigert hatten, sie unterlägen als Berufsgeheimnisträger einer Verschwiegenheitspflicht.
Der 3. Strafsenat des BGH hob die Ordnungsgeldbeschlüsse nun auf. Zwar hätten in der Sache ausreichende Entbindungserklärungen vorgelegen und die Zeugen hätten die Aussage nicht verweigern dürfen. Allerdings sei kein Verschulden der Zeugen festzustellen gewesen. „Hierfür war insbesondere von Bedeutung, dass eine höchstrichterliche Entscheidung zu der maßgeblichen Rechtsfrage fehlte und mehrere Oberlandesgerichte dazu unterschiedliche Auffassungen vertreten hatten“, so der BGH.
Grundsätzlich seien „diejenigen Personen befugt […], einen Berufsgeheimnisträger von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, die zu jenem in einer geschützten Vertrauensbeziehung stehen. Hierunter fallen im Rahmen eines Mandatsverhältnisses mit einem Wirtschaftsprüfer regelmäßig nur der oder die Auftraggeber. Handelt es sich hierbei um eine juristische Person, können für diese diejenigen die Entbindungserklärung abgeben, die zu ihrer Vertretung zum Zeitpunkt der Zeugenaussage berufen sind.“
Die zuvor bestehende Rechtsunsicherheit hatte Berufsgeheimnisträger in eine problematische Situation versetzt, stellt Christian Rosinus fest. Wem eine wirksame Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht vorlag, konnte sich als Berufsgeheimnisträger nicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 StPO berufen und musste seiner Zeugenpflicht nachkommen. Wer als Berufsgeheimnisträger hingegen aussagte, obwohl es an einer wirksamen Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht fehlte, sah sich im schlimmsten Fall mit eigenen berufs- und strafrechtlichen Konsequenzen konfrontiert. Der BGH habe in dieser Angelegenheit nun für Rechtssicherheit gesorgt.
In einer weiteren aktuellen Folge des Criminal Compliance Podcasts geht es um den Entwurf des Verbandssanktionengesetzes. Christian Rosinus diskutiert mit Rechtsanwalt Prof. Dr. Jürgen Wessing, wie die Sanktions- und Verteidigungspraxis unter dem Verbandssanktionengesetz aussehen könnte und welche Auswirkungen der Gesetzentwurf auf die Rollenverteilung zwischen Ermittlungsbehörde, Interner Untersuchung und Unternehmensverteidigung haben könnte.
(ESV/fab)
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