Um Handlungsalternativen aufzuzeigen und weiterzuentwickeln, kamen Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft und Praxis am 9. und 10. September 2021 in der Zeppelin Universität Friedrichshafen zusammen. Im Folgenden geht es um einige Aspekte, die beim „Zukunftssalon Public Corporate Governance“ diskutiert wurden. Dieser stand unter Leitung von Prof. Dr. Ulf Papenfuß, Wissenschaftlicher Vorsitzender und Initiator der Expertenkommission Deutscher Public Corporate Governance-Musterkodex.
Der allgemeine Tenor: Treffen aller Beteiligten sind wichtig, um eine Haltung zu entwickeln und gemeinsam eine Haltung zu zeigen – und um den Finger dort in die Wunde zu legen, wo es geboten ist. Die Digitalisierung in den Kommunen beispielsweise kommt kaum voran. Es fehlt oft an einem Verständnis für digitale Prozesse. Nun geht es in erster Linie aber nicht darum, etwa Formulare digital abzubilden. Vielmehr werden sichere Netze benötigt. Der Aufbau der dafür notwendigen Infrastruktur kann aber noch Jahre dauern. Die bestehenden Lücken werden auch aufgrund fehlender Fachkräfte nicht so schnell zu beheben sein. Das beeinträchtigt die Leistungsbereitschaft des öffentlichen Sektors.
Es bedarf kohärenter Digitalstrategien, die zur Verbesserung von digitalen Angeboten beitragen. Bedeutend ist auch eine strategische Abstimmung bei Entwicklung von digitaler Daseinsvorsorge und digitalen Geschäftsmodellen. Weitere strukturell wichtige Bausteine sind adäquat gesteuerte Zentralfunktionen mittels Kompetenz-Shared Service-Centern für Digitalisierung in einem öffentlichen Unternehmen einer Gebietskörperschaft. Sie können durch besondere Kompetenzbündelungen dazu beitragen, die Digitalisierung auch für die Kernverwaltung mit voranzubringen. Zunehmend werden in verschiedenen Rechtsformen Digitalunternehmen etabliert mit der öffentlichen Hand als alleiniger Gesellschafterin. Das erfordert aber auch eine leistungsstarke Governance im Sinne der öffentlichen Hand.
Alle Chief Digital Officer und entsprechenden Funktionsträgerinnen und Funktionsträger aus Kernverwaltung und öffentlichen Unternehmen müssen zur Realisierung der Anforderungen institutionell abgesichert regelmäßig zu einem Erfahrungsaustausch und zur gemeinsamen Entwicklung von Zukunftsperspektiven zusammentreffen. Silos und Silodenken können hierdurch institutionell stärker vermieden werden.
Stetige Veränderungen zu gewährleisten ist wichtig, damit keine Routinen einsetzen, die zur Stagnation führen. Es geht nicht um vermeintliches Abarbeiten von kritischen Punkten. Es gibt immer etwas zu verbessern. Kontinuierliche Prozesse sind auch notwendig, um Lerneffekte zu erzielen. Eine zentrale Frage: Wo bestehen Defizite und Risiken, die in einer Strategie zu adressieren sind, um zukunftssicher zu sein? Es können sich daraus neue Geschäftsfelder entwickeln, insbesondere im Zusammenhang mit Klimaschutz und Digitalisierung. Das erfordert eine Selbstreflexion und genau dafür sollten die Unternehmensberichte und Entsprechenserklärungen genutzt werden – und nicht dafür, die Beratungsindustrie zu versorgen.
Stichwort Nachhaltigkeit: Es wird nicht nur teurer für Unternehmen werden, Finanzierungen zu bekommen. Den Banken drohen Strafen, wenn sie Kredite vergeben, bei denen die Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllt werden. Die Regulierung kann dazu führen, dass Banken fragwürdige Kredite nicht mehr in ihren Büchern haben wollen.
Die Kommunen werden fordern, dass der Bund die Mehrkosten übernimmt. Nachhaltigkeit kostet Geld, „die Wahrheit liegt im Haushalt“, lauten die Bedenken von Betroffenen. So könne ein gewisses Druckmittel ganz hilfreich sein, um die zu erreichen, die bislang nicht mitziehen. Den Kommunen ist zu verdeutlichen, dass die Maßnahmen ihnen selbst helfen.
Stichwort Diversität: Insbesondere Leitungsteam sollten zugunsten der Flexibilität und Kundenansprache divers aufgestellt sein – auch in öffentlichen Unternehmen. Public Corporate Governance Kodizes sollten auch Regelungen zur Diversität auf allen Unternehmenseben enthalten. Sollten Diversitätsziele an Gehaltszahlungen gekoppelt werden? Diese Frage wird bislang kontrovers diskutiert, ohne überzeugende Antworten zu liefern.
Es bestehen bereits zahlreiche Gesetze und Vorschriften. Doch in der Praxis sind oft Abweichungen von den Vorgaben festzustellen. Diese Abweichungen sind genauer zu betrachten, darüber sollte auch stärker diskutiert werden.
Entscheidend ist, dass die Abteilungen miteinander verzahnt sind und nicht losgelöst voneinander agieren. Um ein vollständiges Systemdesign zu entwickeln, sollten sich alle Akteure an einem etablierten Rahmenwerk orientieren – etwa am IDW PS 982 zur Prüfung eines Internen Kontrollsystems (IKS). Es sollte eine Inventur vorangestellt werden, um festzustellen, welche Komponenten für ein IKS möglicherweise schon vorhanden sind. Ein IKS sollte für kein Unternehmen etwas komplett Neues sein, da jedes System bereits Kontrollmechanismen umfasst, die zu identifizieren, auszubauen und miteinander zu verzahnen sind.
„Ein Public Corporate Governance Kodex ist nur eine Maßnahme, aber eine sehr wichtige mit viel Ausstrahlungswirkung auch für große Themen wie Gestaltung der digitalen Transformation und nachhaltige Stadtentwicklung“, resümiert Prof. Dr. Ulf Papenfuß. Das Thema Einführung von weiteren Public Corporate Governance Kodizes gehöre zeitnah auf die Tagesordnung von allen entsprechenden politischen Organen wie Stadtrat, Gemeinderat und Landtag.
Das Fazit von Prof. Dr. Ulf Papenfuß: „Wir freuen uns sehr, dass wir von den hochkarätigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Public Corporate Governance Community so positives Feedback zu der familiären Atmosphäre, positiven Austauschkultur und dem inspirierenden Umfeld mit See- und Alpenblick erhalten haben und viele uns schon übermittelt haben, beim nächsten Zukunftssalon Public Corporate Governance am 8. und 9. September 2022 wieder sehr gern dabei sein zu wollen.“
(ESV/fab)
Integration der Corporate-Governance-SystemeHerausgegeben von: Jens C. LaueZur Wahrung der Grundsätze guter Unternehmensführung decken Corporate-Governance-Systeme heute vielseitige Funktionen ab: ob zur Sicherung rechtlich einwandfreier Unternehmensentscheidungen, bei der Vertretung von Stakeholder-Interessen oder im Umgang mit betrieblichen und finanziellen Risiken. Bislang jedoch arbeiten die in einzelnen Verantwortungsbereichen eingesetzten Teilsysteme meist streng voneinander getrennt.
Aktuelle Good-Practices aus deutschen Unternehmen weisen erste Wege zu robusteren Governance-Systemen und einer effektiveren Aufsicht. |
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