Nicht zuletzt seit den Fällen „Siemens“, „Daimler“, „BAE“, „MAN" sind Ermittlungsverfahren mit internationalem Bezug in den Fokus der deutschen Öffentlichkeit, aber auch der juristischen Literatur gerückt. Der weit überwiegende Anteil der zu den inmitten stehenden rechtlichen Problemstellungen veröffentlichten Aufsätze und Monografien befasst sich mit den Ermittlungsverfahren in Deutschland bzw. in Amerika aus dem Blickwinkel des betroffenen Unternehmens. Insbesondere der Fall „Siemens“, der seit Dezember 2009 aus Unternehmenssicht in den USA und Deutschland abgeschlossen ist, ist hierfür ein besonders deutliches Beispiel. Nicht besonders thematisiert wird in diesem Zusammenhang allerdings, dass – zumindest in Deutschland – mangels des Bestehens eines formalen Unternehmensstrafrechts das eigentliche Ziel staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen natürliche Personen, nämlich die (leitenden) Mitarbeiter des Unternehmens, sind, die für dieses handeln. Die (Zwangs-)Lage, in der sich ein Unternehmen befindet, wenn es Ziel eines Ermittlungsverfahrens in Deutschland, aber auch von Ermittlungen der US-amerikanischen Börsenaufsicht (SEC) bzw. des Justizministeriums (Department of Justice – DOJ) ist, gilt aber im gleichen Maße für die jeweilige natürliche Person. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit auftretenden rechtstatsächlichen und rechtlichen Problemen einer natürlichen Person, die – angesichts des Lebensmittelpunkts in Deutschland – einem Ermittlungsverfahren in Deutschland, gleichzeitig aber, da sie für ein entsprechendes Unternehmen mit möglichen Anknüpfungspunkten in die USA tätig ist oder war, einem (formellen oder informellen) Ermittlungsverfahren der SEC bzw. des DOJ ausgesetzt sein kann. Da eine natürliche Person, anders als das Unternehmen selbst, in der Regel nicht die finanziellen Mittel hat, sachgerechte Verteidigung und Vertretung in beiden Ländern sicherzustellen, stellt sich die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der in Deutschland ansässige Beschuldigte auf entsprechende Ermittlungsmaßnahmen der SEC bzw. des DOJ in den USA überhaupt reagieren muss, namentlich weil ansonsten eine gegebenenfalls in seiner Abwesenheit ergangene Entscheidung eines US-amerikanischen Gerichts auf Veranlassung der SEC bzw. des DOJ vollstreckungsrechtliche Auswirkungen in Deutschland haben kann.
Lizenz: | Open Access CC BY-NC-ND 4.0 |
ISSN: | 2193-9950 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2012 |
Veröffentlicht: | 2012-06-01 |
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