IT-unterstützte Compliance-Kommunikation

• Dr. Roman Zagrosek

Wer hätte vor rund 20 Jahren gedacht, dass sich die Themen Compliance und IT nach der Jahrtausendwende so rasant entwickeln würden? In der IT-Industrie standen damals die heute an den Aktienmärkten weltweit wertvollsten Unternehmen Apple, Microsoft und Google noch am Anfang der von ihnen maßgeblich bewirkten digitalen Revolution. Compliance hatte Mitte der 90er-Jahre einen schweren Stand. In Deutschland konnten Schmiergelder sogar als Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt werden. Zudem wurde Compliance regelmäßig auf mittlerer Managementebene als Teil der Rechtsabteilung betreut und spielte allenfalls eine untergeordnete Rolle. Diese Verankerung der Compliance-Funktion in der Rechtsabteilung wird von Teilen der Literatur als Compliance 1.0 bezeichnet. Erst im Nachgang zu den Bilanzskandalen bei Enron und Worldcom, die zur Einführung des U.S.-amerikanischen Sarbanes-Oxley Act im Jahr 2002 führten, wurde die Position des Chief Compliance Officer praxisrelevant. Die Loslösung der Compli ance- Funktion aus der Rechtsabteilung wird heute auch als Compliance 2.0 bezeichnet.

Heute sind IT-Lösungen in der Unternehmenswelt tief verwurzelt. Vernetzte Produktionsstraßen und die fortschreitende Digitalisierung im Rahmen industrieller Produktionsprozesse werden als Industrie 4.0 beschrieben. Stichworte sind die „intelligente Fabrik“ oder das „Internet der Dinge“.

Im Bereich Compliance besteht allerdings in Bezug auf IT-Unterstützung in weiten Teilen noch ein gewisser Nachholbedarf. Die für Compliance-Kommunikation 1.0 und 2.0 relevanten Maßnahmen wurden größtenteils implementiert. Hierbei handelt es sich um den Aufbau der von der Rechtsabteilung losgelösten Compliance-Organisation und die Verbreitung der Compliance-Kommunikation durch den Code of Conduct, Richtlinien und Schulungen. Hinsichtlich der Einbindung von IT-Lösungen in die Unternehmenswelt hinkt der Compliance-Bereich der Industrie 4.0-Welle allerdings in weiten Teilen noch hinterher. So werden die Möglichkeiten, die IT-Lösungen und ganz allgemein Big Data bieten, nur ansatzweise ausgeschöpft.

Seiten 137 - 173